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Tim Hartlieb

Ein paar Worte über Volatilität...

Aktualisiert: 18. Okt. 2020


 

Allein in den letzten 4-6 Handelswochen ist der Buchwert meines Portfolios in der Spitze um über 30% (!) geschwankt. Daher eignet sich dieser Monat hervorragend, um einmal ein paar Zeilen zum Wechselspiel aus Volatilität, Portfolio-Management und Investment-Risiken zu schreiben.


 

Das Differenzierungs-Problem


Zunächst einmal finde ich es ja "erstaunlich", dass sich immer noch so viele Anleger auf den sog. Betafaktor zur Beurteilung des Risikos, das im Zusammenhang mit einem spezifischen Investment besteht, stützen. Um es kurz zu machen: Ich halte von diesem Ansatz gar nichts, denn der Betafaktor gibt meiner Ansicht nach ausschließlich Auskunft darüber, wie stark eine Aktie im Vergleich zum Gesamtmarkt steigt und fällt.


Im Rahmen des von vielen vergötterten Capital Asset Pricing Model (bzw. der zugrundeliegenden Kapitalmarkttheorie) gelten Aktien, die einen verhältnismäßig kleinen Betafaktor aufweisen, als weniger riskant. Konkret lassen sich Aktien mit diesem Faktor in vier Gruppen einteilen:


Beta > 1: Die Aktie zeigt größere Schwankungen als der Gesamtmarkt.

Beta = 1: Die Aktie zeigt die gleichen Schwankungen wie der Gesamtmarkt.

Beta < 1: Die Aktie zeigt kleinere Schwankungen als der Gesamtmarkt.

Beta < 0: Die Aktie zeigt eine gegenläufige Entwicklung zum Gesamtmarkt.


Dazu werfen wir doch einfach einmal einen Blick auf einige - nach diesem Modell - weniger riskante „Anlagemöglichkeiten“. Es folgt eine kleine Auflistung an Unternehmen, die einen vergleichsweise niedrigen Betafaktor aufweisen (aus Yahoo-Finance):


  • Imperial Brands: 0,28

  • HSBC: 0,41

  • BP: 0,48

  • Carrefour: 0,61

  • Rio Tinto: 0,65

  • RTL Group: 0,79

  • Cisco: 0,82

  • General Electric: 0,92

  • Comcast: 0,96

  • Aroundtown: 0,97

  • Air France/KLM: 1,04

  • Wells Fargo: 1,08


Jedes dieser Unternehmen weist interessanterweise außerdem mindestens eines der nachfolgenden Merkmale auf. Hier ist es übrigens mehr die Regel als die Ausnahme, dass alle Merkmale vorzufinden sind:


  • Sterbende Branche / schrumpfender Markt

  • Hohe Verschuldung / Schlechte Bilanz

  • Stagnierende oder rückläufige Umsätze und Margen

  • Hohe Dividende

  • Oberflächlich günstig oder sehr günstig bewertet


Gemäß der Kapitalmarkttheorie soll es sich bei diesen Unternehmen aber eigentlich um weniger riskante Investments handeln. Dadurch wird suggeriert, dass diese Unternehmen „bessere“ Investments darstellen. Aber ist dem wirklich so?


Wohl kaum. Selbstverständlich bin ich immer noch offen für eine schlüssige Argumentation, die stichhaltig begründet, warum beispielsweise BP, Cisco oder Wells Fargo die Top-Investments der nächsten Jahre sein sollen. Allein die Kursverläufe, die (bevorstehenden) Umsatzrückgänge und die Verschuldung dieser Unternehmen sollten eigentlich ausreichen, um die obige Frage hinreichend zu beantworten.


Für mich ist übrigens gerade eine hohe Dividendenrendite ein starkes Alarmsignal für ein Unternehmen, dem nichts mehr Sinnvolles für das zukünftige Geschäft einfällt. Ironischerweise befinden sich aber ausgerechnet diese Unternehmen in den Portfolios von strikten Buy&Hold-Anlegern.


Demgegenüber stehen aufstrebende Unternehmen wie beispielsweise Facebook (beta=1,30) Amazon (beta=1,32), Alibaba (beta=1,56), Roku (beta=1,83), Invitae (beta=2,25), The Trade Desk (beta=2,49) und Square (beta=2,72) - alle mit einem vergleichsweise hohem Betafaktor, einzigartigen USPs und besten Zukunftsaussichten. Und all diese Unternehmen haben Anlegern in den letzten Jahren nicht die schlechtesten Renditen eingebracht. Von besseren Investments kann also - selbst beim ideal getimten An- und Verkauf von HSBC & Co. - keinesfalls die Rede sein...


Während viele Anleger also die Volatilität zur Quantifizierung des Risikos einer Aktie heranziehen, stellt die inhärente Schwankung von dynamischen Wachstumsunternehmen meiner Ansicht nach in erster Linie einen „unsichtbaren“ Price of Admission – also quasi einen Eintrittspreis – dar. Dies liegt daran, dass nicht jeder Anleger gewillt ist, derartige Ausschläge im BUCHwert des eigenen Vermögens in Kauf zu nehmen.


Somit können wir bereits an dieser Stelle festhalten, dass der Betafaktor lediglich die Volatilität – also die relative Schwankung – einer bestimmten Aktie beschreiben kann. Diese Information ermöglicht allerdings keinerlei Aussage über die Attraktivität einer Branche – geschweige denn über die Attraktivität eines spezifischen Unternehmens.


 

What´s up today...


Dieses grundlegende Differenzierungsproblem wird noch durch einen anderen Sachverhalt verstärkt. Um diesen zu veranschaulichen, müssen wir zuerst die Frage klären, was überhaupt die Ursache für eine erhöhte Volatilität ist.


Nun, die einfache Antwort ist die Unsicherheit der Marktteilnehmer. Diese Aussage greift aber aber zu kurz. Etwas konkreter formuliert resultiert Volatilität immer aus den kurzfristigen Veränderungen im Bezug auf Markt- und UnternehmensERWARTUNGEN. Diese Erwartungen werden wiederum durch eine Vielzahl an kaum vorhersehbaren Faktoren beeinflusst:


  1. Neue Wirtschaftsdaten (besser/schlechter als die Erwartungen)

  2. Neue Innovationen/Produkte, die von einem Unternehmen - oder von einem Wettbewerber - vorgestellt werden

  3. Branchenereignisse

  4. Zins-/Fiskalpolitik

  5. Staatliche Eingriffe/Subventionen (Stichwort Wasserstoff-Hype)

  6. Führungswechsel bei einem Unternehmen

  7. Politische Ereignisse

  8. Umweltkatastrophen

  9. Momentum/Sentiment

  10. Und nicht zu vergessen: Die Daily News


Als nächstes werfen wir einmal einen Blick in die Vergangenheit - genauer gesagt auf die unzähligen Ereignisse, die zu einer kurzfristigen Veränderung bei den Erwartungen geführt haben [1]:



Die Kurzfassung zur Grafik: Seit 1925 hätte der Aktienmarkt - hier in der Form des S&P 500 - eigentlich dutzende Male komplett zusammenbrechen müssen. Tatsächlich steht der Zähler aber nach wie vor bei null (Grüße an Friedrich&Weik, Müller und Co.). Trotzdem lässt sich am S&P 500 gerade so ein gewisser Trend erkennen.


Wenn also der Gesamtmarkt mittel- bis langfristig keine "Rücksicht" auf die wildesten Schlagzeilen nimmt, warum sollten diese Meldungen dann die Entwicklung der dominantesten, wachstumsstärksten und innovativsten Unternehmen der Welt beeinflussen? Natürlich macht es Spaß, stundenlang über den Wahlausgang in den USA zu diskutieren... für ein profitables Investment in (das nächste) Amazon, Tesla und Co. ist das meiner Ansicht nach aber reine Zeitverschwendung.


Dazu kommt noch ein weiterer Aspekt: Die Fortschritte der IuK-Technologien führten zu einer Omni-Präsenz an wichtigen wie unwichtigen Informationen. Dies hat natürlich einerseits den Vorteil, dass ein Privatanleger in Buxtehude immer weniger Nachteile gegenüber dem Großkapital der Wallstreet hat. Auf der anderen Seite hat diese Verfügbarkeit aber eben auch zu einer immer größeren Sensitivität gegenüber neuen Meldungen geführt.


Als Anleger werden wir uns in diesem Kontext schlichtweg damit abfinden müssen, dass immer IRGENDETWAS passiert bzw. dass es immer IRGENDEINE Schlagzeile geben wird. Allerdings stellen 99 von 100 Schlagzeilen nichts als Noise, also irrelevante Ablenkung, dar, da sie auf die langfristige Entwicklung eines dominanten Marktführers überhaupt keinen Einfluss haben. Dieses Filtern der wirklich relevanten Informationen stellt dagegen eine der größten Herausforderungen beim Investieren in Wachstumsunternehmen dar - aber dazu weiter unten noch mehr.


 

Der Mensch: Ein Kontroll-Freak?


Grundsätzlich ist das Bestreben zur Vermeidung von unvorhersehbaren Schwankungen bei den eigenen Vermögenswerten im heutigen Nachrichtenumfeld ein natürlicher Schutzmechanismus - und an sich auch nicht ungewöhnlich. Dies liegt allein schon daran, dass wir als Menschen Planbarkeit bevorzugen und unvorhersehbare Entwicklungen zu vermeiden versuchen. Eine nicht-volatile Aktie bietet in meinen Augen aber wiederum nur eine Scheinsicherheit, denn sicher ist an der Börse gar nichts. Auf die "zugesicherte" Rückzahlung von diversen Schuldverschreibungen will ich an dieser Stelle gar nicht erst näher eingehen...


Apropos ungewöhnlich: Was ich stattdessen für höchst ungewöhnlich halte, ist die Tatsache, dass selbst erfahrene Börsianer und "Anlageberater" im Zusammenhang mit meinen Portfoliounternehmen (oder ähnlichen Wachstumsunternehmen) in erster Linie von riskanten Wetten, von einer völlig willkürlichen Wertentwicklung oder gar von einem „Himmelfahrtskommando“ (#real_quote) sprechen.


Das tragische an diesen „Wertungen“ ist aber nicht nur, dass dadurch die beiden Begrifflichkeiten Volatilität und Investitionsrisiko im Rahmen der eigenen Anlageentscheidungen verwechselt werden. Vielmehr wird dadurch insbesondere den neuen Börsianern von Anfang an das Bild vermittelt, dass eine „gute Aktie“ in erster Linie schwankungsarm und (gesellschaftlich) "akzeptiert" sein muss.



 

Aber was zeichnet denn eine "gute Aktie" überhaupt aus? Oder gibt es vielleicht gar keine „guten“ und „schlechten“ Aktien?


 

Ich persönlich halte es in diesem Zusammenhang für viel wichtiger, dass Anleger von Beginn versuchen, den kleinen aber feinen Unterschied zwischen diesen beiden Begrifflichkeiten zu verstehen. Zu diesem Lernprozess gehört außerdem, dass Anleger die persönliche Verlusttragfähigkeit sowie die persönliche Schwankungstoleranz einschätzen können. Im Zuge dessen sollte insbesondere auch das individuelle Verhältnis zum Thema Geld und Vermögen erforscht werden. Denn wer panische Angst vor der nächsten Marktkorrektur bzw. vor dem einem oder anderen Investment-Fail hat, sollte vermutlich erst einmal eine tiefere Ursachenforschung betreiben.


Erst nach diesem Lernprozess kommt es dann nicht mehr zu Panikverkäufen oder emotional getriebenen Anlageentscheidungen. Zu diesem Prozess gehört übrigens auch, dass der/die eine nur 20% in volatile Wachstumswerte investieren möchte, während ein anderer Anleger bereit ist, über 80% seiner Vermögenswerte in eben solche Wachstumswerte zu investieren.


Entscheidend ist hier nicht die maximale Rendite um jeden „Preis“.

Viel wichtiger ist es meiner Ansicht nach, nachts gut zu schlafen, tagsüber nicht 50 Mal das Depot checken zu müssen und beim ersten 20%-Einbruch nicht den Kopf zu verlieren.


Nichtsdestotrotz fühlt sich ein >20% Einbruch beim eigenen Vermögensbuchwert natürlich alles andere als gut an. Das ist und bleibt allerdings der (innerlich) zu zahlende „Eintrittspreis“, der bei einem Portfolio mit einer hohen Quote an disruptiven, wachstumsstarken und weniger etablierten Unternehmen akzeptiert werden muss.


 

Risk - Volatility - Predictability


Nun wissen wir also, dass es einen Zusammenhang zwischen der generellen UND unternehmensspezifischen Nachrichtenlage und der Volatilität des jeweiligen Aktienkurses geben muss. Dazu muss bedacht werden, dass die vielfältigen Entwicklungen um Unternehmen wie Zoom, Tesla oder Shopify einen extrem hohen UND umstrittenen News-Output erzeugen, welcher non-stop auf die Marktteilnehmern und Aktionäre "losgelassen" wird.


Die Umstrittenheit liegt allein schon daran, dass diese Unternehmen als Katalysatoren für umfassende Veränderungen im Markt fungieren. Und Veränderungen führen bekanntlich immer zu einer starken Polarisierung bzw. zu Unsicherheit unter Marktteilnehmern und Marktbeobachtern.


Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch Unternehmen, die einen geringen Betafaktor aufweisen, deutlich weniger umstritten sind und trotzdem "starke" Unternehmen darstellen. Ein Paradebeispiel hierfür wären etwa Coca Cola (beta=0,55) oder Nestle (beta=0,25).


Da die zukünftige Entwicklung dieser Unternehmen keine großen Überraschungen bzw. keine weitreichenden Veränderungen beinhalten, pendelt die erzielbare Rendite aber eben auch irgendwo zwischen US-Staatsanleihe und MSCI-World. Dazu kommt, dass niemand von diesen Unternehmen einen wirklichen Innovationssprung erwartet. Oder welche Top-Talente, die die Zukunft der Welt maßgeblich formen wollen, heuern bitte bei Coke oder Nestle an?! Sogar Apple und Alphabet gelten bereits heute im Silicon Valley als eingestaubt...


Damit haben wir einen wichtigen Zusammenhang erörtert: Die Annahme, dass Risiko und Rendite direkt - oder sogar linear - miteinander korrelieren (wie in der nachfolgenden Grafik gezeichnet), greift schlichtweg zu kurz [2]. Viel zutreffender ist es meiner Ansicht nach, von einer gewissen Korrelation zwischen Volatilität und Rendite zu sprechen.



 

Stay calm, stay humble and stay focused


Dazu kommt noch ein weiterer, oftmals unterschätzter Punkt. Dieser Punkt ist meiner Ansicht auch dafür verantwortlich, dass zumindest indirekt ein Zusammenhang zwischen Investment-Risiko und Rendite existiert.


Konkret meine ich damit den Umstand, dass ein erfolgreiches Investment in volatile, weniger etablierte Wachstumsunternehmen inhärent schwieriger ist, als beispielsweise die Umsetzung einer Strategie, bei der ausschließlich etablierte Blue-Chip-Werte bespart werden.


Je weniger ein Unternehmen am Markt etabliert ist, desto entscheidender ist es, dass der/die AnlegerIN für sich einen systematischen Investment-Ansatz (Framework) definiert hat. Dabei gibt es allerdings wieder keinen allgemein gültigen, one-fits-it-all Ansatz.


Dies liegt daran, dass der Rechercheaufwand und das Vertrauen in die eigenen Entscheidungen bei einer derartigen Anlagestrategie um ein Vielfaches höher ist. Wer dagegen ohne einen fundierten Framework, geschweige denn ohne tiefergehendes, eigenes Research, in Aktien - insbesondere aber in volatile Aktien - investiert, wird früher oder später unüberlegte, emotionale Entscheidungen treffen. Dafür sorgt wiederum der Umstand, dass derartige Unternehmen regelmäßig starke Über- und Untertreibungen in der Berichterstattung und im Market-Sentiment erfahren.


Wer dann in einer solchen "Phase" zu schnell an der eigenen Unternehmensauswahl zweifelt oder Meldungen nicht richtig einordnet, erhöht das (sprichwörtliche) Risiko von falschen Entscheidungen drastisch.


Das heißt übrigens auch nicht, dass für die Anlage in Blue-Chip-Werte gar kein Research notwendig ist. Vielmehr will ich damit sagen, dass der "innere Schweinehund" und die Art der generellen "Berichterstattung" das Investment-Risiko bei volatileren Aktien überdurchschnittlich stark erhöhen. Zu diesem Sachverhalt - insbesondere aber zum "inneren Schweinehund" - hat der seit über 30 Jahren agierende Chief Investment Officer von O'Shaughnessy Asset Management vor einiger Zeit ein paar sehr wertvolle Zeilen geschrieben:



Dieser kleine Ausschnitt hält für uns drei der wichtigsten Regeln im Umgang mit starker Volatilität bzw. allgemeiner Zukunftsunsicherheit bereit:


  1. Stay calm: Vermeide Panikverkäufe. Das klingt einfacher als es ist.

  2. Stay humble: Vermeide Übermut und schätze deine Fähigkeiten richtig ein. Auch das klingt einfacher als es ist. Jeder Mensch trägt nun einmal dieselben Ur-Instinkte in sich. Diese gilt es anzuerkennen und zu managen, nicht zu leugnen.

  3. Stay focused: Es ist (relativ) leicht, einen (eigentlich) stimmigen Investment-Framework auszuarbeiten. Die viel größere Herausforderung besteht aber darin, die enthaltenen Regeln dann in einem Sell-off (wie bspw. im März) auch tatsächlich einzuhalten.


An Tagen, an denen es an der Börse – insbesondere aber in meinem Depot – zu einem starkem Blutbad kommt, helfen mir vier „Hacks“ zum besseren, psychologischen Umgang mit der Volatilität:


Zum einen reduziere ich meine Zeit in Social-Media drastisch (insbesondere auf Twitter und FB). Dadurch reduziere ich vor allem die Gefahr, dass der Herdentrieb auf mich überspringt. Auf keinem Fall würde ich übrigens an solchen Tagen Videos von Crash-Propheten oder CNBC ansehen.


Zum zweiten versuche ich mich an diesen Tagen grundsätzlich weniger mit dem direkten Börsengeschehen zu beschäftigen. Dazu gehört für mich insbesondere der (regelmäßige) Blick ins Portfolio. Weiterhin helfen mir persönlich Bewegung und frische Luft: Mountainbiken, Motorradfahren, Kraftsport, etc.


Ein weiterer "Hack" besteht darin, eine gewisse Cash-Reserve vorzuhalten. Auch hier gibt es wieder keine Faustregel: Der/die eine hält am liebsten immer mindestens 20% in Cash, der/die andere erachtet ein Cash-Polster von 5% als völlig ausreichend. Da wir uns meiner Ansicht nach inmitten eines Secular Bull Markets bzw. am Anfang eines Cyclical Bull Markets befinden, favorisiere ich aktuell eine geringe Cash-Quote von max. 5%. Das hört sich jetzt vielleicht im ersten Moment nach relativ wenig an, für mich persönlich ist dieses kleine "Polster" aber genau die richtige Menge an "Nachschussmunition", damit ich in der aktuellen Marktphase weder

  • FOMO (Fear of missing out),

  • FOGI (Fear of getting in) oder

  • TINA (There is no alternative)

empfinde.


Der vierte und vielleicht sogar wichtigste "Hack" für einen besseren Umgang mit Volatilität ist die Definition des persönlichen Anlagezeithorizonts. Denn Fakt ist, dass je kürzer die investierte Zeit am Aktienmarkt ist, desto mehr setzt man sich der nicht prognostizierbaren Veröffentlichung von shocking News aus bzw. desto mehr ist man der willkürlichen Entwicklung von Mr. Market ausgeliefert. Dazu gehört für mich insbesondere auch, dass man nur die Finanzmittel investiert, die man in den nächsten 5 Jahren nicht benötigt. Dieses "Vorgehen" trägt meiner Ansicht erheblich zur Stärkung des tiefenpsychologischen "Sicherheitsgefühls" bei. Folglich sieht die Asset-Allokation bei einem 25-jährigen Anleger vermutlich auch etwas anders aus als bei einem angehenden Rentner...


 

Fazit


Zum Abschluss noch einmal die drei wichtigsten Merksätze:


1) Volatilität ≠ Risiko.

Volatilität ist nicht per se schlecht oder gefährlich. In einer von Informationen überfluteten Welt ist Volatilität zunehmend normal. Dazu kommt, dass Volatilität vielmehr eine zu akzeptierende Nebenerscheinung beim Investieren in disruptiven Wachstumsunternehmen darstellt. [3]



2) Volatilität = Chance.

Wir sollten die mit aufstrebenden Wachstumsunternehmen einhergehende Volatilität vielmehr als Chance verstehen. Denn nicht jeder Marktteilnehmer ist gewillt oder fähig, Ausschläge von >30% über einen längeren Zeitraum hinzunehmen. Wer allerdings die wilde Fahrt in diesem Rollercoaster meistert, wird mit "netten" Renditen belohnt werden. Darüber hinaus sollten wir im Idealfall bei jenen temporären Einbrüchen natürlich die "Winner"-Positionen aufstocken.


3) It´s not about brains, it´s about stomach.

Oder um es in den Worten von Peter Lynch zu formulieren:


“I’ve always said, the key organ here isn’t the brain, it’s the stomach. When things start to decline – there are bad headlines in the papers and on television – will you have the stomach for the market volatility and the broad-based pessimism that tends to come with it?”

Folglich sollten wir als Anleger, die in volatile Aktien investieren, großen Wert auf die Entwicklung des richtigen Mindsets und des persönlich funktionierenden Frameworks legen.

 

PS: But what about non-volatile bargains...


Natürlich KANN es vorkommen, dass nicht-volatile Unternehmen wie Coke oder Nestle aufgrund einer dramatischen Panik irgendwann einmal erheblich unter Druck geraten. Infolgedessen KANN man eventuell selbst mit einem Investment in jene Titel eine ansehnliche Rendite erzielen. In Verbindung mit diesen beiden "KANNs" tauchen bei mir sofort drei Fragen auf - und die haben dicke Fragezeichen:


a) IF buying: Hat der/die AnlegerIN dann die sprichwörtlichen Cojones, um in diesem "apokalyptischen" Szenario entschlossen zuzukaufen?

b) WHEN buying: Schafft es der/die AnlegerIN dann auch noch, den richtigen Einstiegszeitpunkt zu finden?

c) Opportunitätskosten: Wie hoch sind die kumulierten Opportunitätskosten? Denn selbst wenn die ersten beiden Aspekte gemeistert werden, bleibt immer noch offen, wie viel Rendite in der Zeit hätte erzielt werden können, in der er/sie sich mit 0,x% per anum aus Bonds zufriedengestellt hat.


In Anbetracht dieser drei Fragen kaufe ich lieber (weiterhin) Anteile von Unternehmen, bei denen ich weiß, dass die Kurse demnächst um >20% fallen werden. Daher jetzt die "Test-Frage" zum Abschluss:


Wenn ich doch weiß, dass ein derartiger Einbruch bevorsteht, warum kaufe ich dann nicht zu günstigeren Kursen zu?


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Ganz einfach: Weil ich mit dieser Cleverness auf dem besten Weg bin, 500%, 1000% oder gar 3000% "beim nächsten Amazon" zu verpassen. Noch anschaulicher sollte diese Botschaft über die Grafik im Newsletter werden. Ich hoffe jedenfalls, dass ich mit diesem „Exkurs“ etwas zur besseren Differenzierung von Volatilität, Risiko und Zukunftsunsicherheit beitragen konnte.



Spark Invest - Innovation erkennen, Disruption verstehen und besser investieren


THE END.


 

Disclaimer

Sämtliche, geschilderten Inhalte stellen weder Kaufs- noch Verkaufsempfehlungen für Finanzinstrumente (Aktien, Anleihen, Derivate, ETFs, etc.) dar.


Die Inhalte dienen lediglich der Allgemeininformation, spiegeln ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wieder und stellen keine Anlageberatung dar.


Jedes Investment, dass auf im Blog enthaltenen Informationen basiert oder über im Blog angesprochenen Finanzinstrumenten erfolgt, ist mit Chancen und Risiken - bis hin zum Totalverlust - verbunden.


Der Verfasser kann insbesondere nicht einschätzen, inwiefern angesprochene Finanzinstrumente den Anlagezielen, der Risikobereitschaft und der Verlusttragfähigkeit des Lesers entsprechen.

Wer auf Basis von Informationen aus diesem Blog etwaige Anlageentscheidungen trifft, trifft diese ausschließlich auf eigene Verantwortung und eigene Gefahr.


Der Verfasser übernimmt außerdem keinerlei Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit oder Vollständigkeit der Inhalte. Und der Verfasser haftet somit auch nicht für Verluste, die aus Anlageentscheidungen resultieren, die auf im Blog geschilderten Informationen basieren.


 

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