Im letzten Update war ich eigentlich von einem eher ruhigeren Monat ausgegangen. Rückblickend sollte sich der Juli aber dann doch als ein überdurchschnittlich ereignisreicher Monat entpuppen. Bevor wir auf die einzelnen Aktivitäten zu sprechen kommen, will ich wie immer zuerst auf ein paar interessante Fundstücke eingehen.
Erkenntnisse durch Twilio
Den Anfang macht der sog. Covid-19 Digital Engagement Report von Twilio. Das Unternehmen um Jeff Lawson bietet cloudbasierte API-Lösungen für Communcation-as-a-Service-Anwendungen (=CaaS) Anwendungen an und veröffentlichte vor knapp zwei Wochen die Ergebnisse aus einer Umfrage, bei der über 2500 Enterprise Decision Makers aus den führenden Industrieländern zum aktuellen Stand ihrer Digitalstrategie befragt wurden.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse untermauert hier die Grafik unterhalb [1]. Daraus erkennen wir, dass die Pandemie die Digital Communications Strategy der befragten Unternehmen im Schnitt weltweit um 6 (!!!) Jahre beschleunigte. Zudem glauben nur 6% der Befragten, dass Covid-19 keine Auswirkungen auf die Maßnahmen zur digitalen Transformation ihres Unternehmens hat. 79% der Führungskräfte gaben außerdem an, dass Covid-19 die Budgets für die digitale Technologien erhöht hat.
Davon abgesehen lieferte die Umfrage auch einige interessante Einblicke in die Denkweise der deutschen Führungskräfte. Denn Covid-19 scheint die Digitalisierung in Deutschland laut den hiesigen Teilnehmern mit 7,2 Jahren „überdurchschnittlich stark“ zu beschleunigen (was übrigens einen knappen, zweiten Platz hinter Japan mit 7,5 Jahren bedeutet). Allerdings ist es ohnehin kein Geheimnis, dass hierzulande ein recht nennenswerter Aufholbedarf besteht. Vor diesem Hintergrund ist die nächste Abbildung aber etwas „besorgniserregend“ [2]. Denn darin sehen wir, dass die Antworten der deutschen Vertreter zu den angepassten Digital-Budgets – trotz der überproportionalen Beschleunigung – zu einem letzten Platz im zugehörigen Ranking führten.
Erkenntnisse durch die UBS
Des Weiteren bin ich über einen im Juni veröffentlichten Report der UBS gestoßen. Aus diesem stammt die folgende Grafik zur prognostizierten Zunahme an anfallenden Daten. [3]
Wir sehen, dass sich die Datenmenge bis 2030 also ungefähr VERZEHNFACHEN soll – nicht gerade die schlechtesten Ausgangsbedingungen für bestimmte Unternehmen. Darüber hinaus finde ich noch eine andere Abbildung sehr aufschlussreich, auch wenn ich keine Anteile an den darin genannten Unternehmen halte (und auch aktuell nicht plane, Anteile zu erwerben). Denn aus dem nachfolgenden Diagramm erkennen wir, dass chinesische Internetnutzer mehr als VIERMAL so viel Zeit bei Tencent verbringen als bei dessen Hauptkonkurrenten Alibaba. [4]
Eine derart starke Diskrepanz hätte ich nicht erwartet. Das dazugehörige User-Engagement ist wiederum vor allem angesichts des zunehmenden „War-on-Eyeballs“ von immer größerer Bedeutung. Im Zusammenhang mit diesem sprichwörtlichen Krieg wird davon ausgegangen, dass die wertvollste „Ressource“ in Zukunft die Aufmerksamkeit der Endnutzer ist. Und dort, wo Nutzer mehr Zeit verbringen, besteht logischerweise ein höheres Monetarisierungs-Potential.
Erkenntnisse durch McKinsey
Darüber hinaus veröffentlichte McKinsey im Juli einen aufschlussreichen Artikel zu den wirtschaftlichen Folgen von Covid-19. Darin waren wiederum zwei sehr interessante Abbildungen enthalten. Die erste Grafik zeigt einmal mehr, wie stark der E-Commerce durch Covid-19 an Bedeutung gewonnen hat. [5]
Vor diesem Hintergrund erinnert sich vielleicht der/die ein oder andere noch an die Grafik der Bank of America aus dem Mai-Update: Dort wurde der gesteigerte E-Commerce-Anteil noch auf 27% beziffert. Mittlerweile beträgt der Anteil in den USA dagegen fast 34%! Dazu passt, dass beispielsweise selbst das Internet-Urgestein Ebay im vergangenen Quartal nach einer über fünfjährigen Stagnation erstmal wieder ein beeindruckendes Umsatzwachstum von 18% erzielen konnte!
Die zweite Grafik hält eine fast noch wichtigere Aussage bereit zum Phänomen "Covid-19 stärkt die Starken und schwächt die Schwachen". Besonders deutlich fällt der diesbezügliche Unterschied – gemessen an der Marktbewertung – zwischen den „besten“ 25% und den „schlechtesten“ 25% der betrachteten Unternehmen aus. [6]
Ausgehend von dieser Diskrepanz gibt es nun genau zwei Möglichkeiten, wie Stock-Picker sich angesichts dieser Entwicklung positionieren können. Value-Investoren machen sich im unteren Quantil auf die Jagd nach Fallen-Angels und Turnaround-Kandidaten. Diese Unternehmen sind per Standarddefinition immer günstig bis sehr günstig und müssen getimt werden.
Wachstumsinvestoren versuchen dagegen, die Creme-de-la-Creme aus dem Top-Quantil zu identifizieren und sich über die jeweiligen Marktführer an übergeordnete Secular Tailwinds „zu hängen“. Solche Unternehmen sind per Standarddefinition immer teuer bis sehr teuer. Somit ist aber im Moment für jeden Geschmack was dabei.
Was diese Diskrepanz betrifft, haben sich in den letzten Wochen zudem die Anzeichen verdichtet, dass uns Covid-19 durchaus noch etwas länger begleiten wird. Dies hat vor allem auch damit zu tun, dass selbst WENN in den nächsten Monaten ein Impfstoff gefunden wird, nun doch immer mehr Fragen zur vollumfänglichen/dauerhaften Wirksamkeit aufgetauchen.
Zu diesem bis aufs Weitere gültigen Motto „Leben mit Covid-19“ passt, dass mit Alphabet vor kurzem ein großes Unternehmen verkündet hat, dass alle Mitarbeiter bis zum Sommer 2021 von zu Hause arbeiten werden. Und auch Facebook hat verkündet, dass rund 50% ALLER MITARBEITER in den nächsten 5-10 Jahren remote arbeiten werden. Interessanterweise nennt das Management hier als Begründung insbesondere auch den zunehmenden "War-on-Talent". In meinen Augen ist es nur eine Frage der Zeit, bis weitere Unternehmen ähnliche Maßnahmen ergreifen werden, und dies nicht nur zum gesundheitlichen Schutz der Mitarbeiter - denn Anwesenheitspflicht war gestern. Mit Alphabet kommen wir dann auch schon zu den Aktivitäten in meinem Portfolio.
Alphabet: When the facts change, I change
Was die Suchmaschinen-Company betrifft, gibt es eine bedeutende Veränderung zu vermelden: Alphabet ist seit kurzem nicht mehr in meinem Spark-Portfolio vertreten. Der Verkauf hat mit einem – wie ich finde – regelrechten Game-Changer zu tun, der im Forbes-Magazine wie folgt tituliert wurde: [7]
Das Ereignis, das wiederum zu dieser Schlagzeile führte, fand zwar bereits Ende Juni statt, allerdings habe ich offen gestanden erst diesen Monat wirklich davon mitbekommen. Bei diesem Ereignis handelte es sich wiederum um die Vorstellung des neuen iOS-14 von Apple, welches mit einer besonderen Neuerung im Zusammenhang mit dem IDFA (=Identifier for Advertisers) aufwartet und im Herbst an den Start geht. Um die Konsequenzen aus dieser Neuerung zu veranschaulichen, muss ich etwas ausholen.
Der IDFA ist eine Nummer, die für jedes Apple-Gerät existiert und bei der Erstellung von personalisierten Werbeanzeigen über das Tracken des jeweiligen Nutzerverhaltens auf iPads/iPhones zum Einsatz kommt. Die Hauptfunktion dieser Nummer ist damit der Funktion von Cookies sehr ähnlich – denn im Wesentlichen erlaubt/ermöglicht/regelt sie das Sammeln und Auswerten von Nutzerdaten für „passgenaues“ Zielkunden-Marketing.
Mit dem neuen iOS kommt es jetzt aber zu einer weitreichenden Änderung: Während die IDFA-Einstellung bisher per default auf Opt-out gesetzt war und eine Einstellungsänderung vergleichsweise „versteckt“ über das Hauptmenü vorgenommen werden musste, will Apple mit dem neuen Betriebssystem die IDFA-Einstellung FÜR JEDE APP auf Opt-in umstellen.
Das bedeutet, dass Nutzer ab Herbst BEI JEDER APP über ein Pop-Up eine Tracking-Freigabe erteilen müssen. Entsprechend dem nachfolgenden Beispiel müssen Google, Facebook und Co. dann explizit um Erlaubnis zur entsprechenden Informationsverwertung bitten [8].
Während Werbeunternehmen bisher – insbesondere eben die beiden Daten-"Monster" Google und Facebook – nahezu „ungestört“ nutzerbezogene Daten einsammeln konnten, schiebt Apple diesem Treiben nun auf seinen mobilen Endgeräten erst einmal einen Riegel vor. Um sich die Tragweite dieser Pop-up-Neuerung zu veranschaulichen, kann sich jeder einfach die Frage stellen, ob er/sie einem solchen Pop-up bei einer gezielten Abfrage zum Tracking zustimmen würde. Experten erwarten hier Zustimmungswerte zwischen 0-20%, wobei ich 20% ehrlich gesagt für sehr optimistisch halte.
Neben dieser grundsätzlichen Überlegung werfen wir noch einen Blick auf ein paar andere, wichtige Hintergrundinformationen. Da der wichtigste Markt von Google und Facebook nach wie vor die USA sind, hier zunächst eine Grafik zur Verteilung der Marketing-Ausgaben zwischen den einzelnen Medienformaten. [9]
Wir sehen also, dass in weniger als zwei Jahren die mobilen Marketing-Ausgaben fast die Hälfte des Total Media Ad Spending stellen. Hier sollte bedacht werden, dass in diesen Zahlen noch nicht einmal der Corona-Effekt miteinbezogen ist. Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, dass zwar deutlich mehr Smartphones mit Android-Betriebssystem im Umlauf sind, allerdings ein Apple-Nutzer im Q4-2019 mehr als doppelt so viel Werbungseinnahmen generierte als ein Android-Nutzer! [10]
Für Apple ist diese IDFA-Neuerung hingegen eine geniale Win-Win-Situation: Auf der einen Seite kann sich der Konzern damit als nutzerfreundlicher Daten-Schützer positionieren und einen erheblichen Image-Schub erzielen. Auf der anderen Seite wird Apple damit – quasi über Nacht – zum alleinigen Gatekeeper für das Werbegeschäft im eigenen Kosmos.
Was Alphabet betrifft, war meine Investment-Thesis aber darauf gestützt, dass die klare Marktführerschaft im Werbungsgeschäft als stabile Cash Cow fungiert, wodurch wiederum die verschiedenen Zukunftsprojekte (Waymo, Calico, etc.) finanziert werden können. Bis vor wenigen Wochen habe ich es zudem schlichtweg nicht für möglich gehalten, dass ein so „einfacher“ Schachzug von Apple die Machtverhältnisse im Werbungsmarkt so stark ins Wanken bringen kann. Denn damit wird Googles Kerngeschäft (und das von einigen anderen Playern) von Grund auf in Frage gestellt – und das sogar ohne jegliche legislatorische Eingriffe!
Das alles heißt natürlich nicht, dass Alphabet damit jetzt ein „schlechtes“ Unternehmen ist und ein entsprechendes Investment in Zukunft keine ansehnliche Rendite mehr abwerfen KANN. Denn Alphabet verfügt bekanntlich über genug Finanz- und Humankapital, um eine Lösung zu dieser „Tracking-Hürde“ zu finden. Ich habe allerdings gelernt, dass wenn einmal der Unfair Advantage, also der bislang entscheidende Wettbewerbsvorteil, auf der Kippe steht, es im Zweifel ganz schnell gehen KANN. Und diese KANN-Situation reicht für mich aus, damit Alphabet für mich erst einmal nicht mehr zu den Unternehmen zählt, in die ich investiert sein will. Aufgrund der Bedeutung des Themsa "investiert-bleiben" hier noch ein kleiner Exkurs, der eng mit der bereits thematisierten Allokationsfrage zusammenhängt.
Als Anleger neigen wir dazu, mit zunehmender Haltezeit einer Aktie uns mit dem zugehörigen Unternehmen zu "verbünden". Dies ist zwar einerseits hilfreich, denn daraus resultiert auch der Antrieb für die kontinuierliche Recherche der Unternehmensaktivitäten. Auf der anderen Seite müssen wir aber regelmäßig - und genau genommen sogar jeden Tag - das Investment von Grund auf hinterfragen. Dieses Festhalten an früher getätigten Käufen wird dann durch ein zu Buche stehendes "Rendite-Plus" der bisherigen Position weiter verstärkt.
Nun gibt es aus meiner Sicht aber eine erfolgskritische Entscheidung, die sich mit der folgenden Frage relativ einfach umschreiben lässt:
Wenn ich eine Position zum aktuellen Zeitpunkt neu etablieren müsste, würde ich das machen?
Wenn die Antwort darauf NEIN lautet, sollte ich eine ÄUßERST stichhaltige Begründung parat halten, um (mir selbst) erklären zu können, warum ich trotzdem noch weiter investiert bleibe. Und damit wieder zurück zu Alphabet und der IFDA-Neuerung.
Falls Alphabet einen Weg findet, dieses IDFA-Update zu „umgehen“, bin ich natürlich gerne bereit, meine Meinung zu überdenken und ein Investment zu reevaluieren. Aber stures, rechthaberisches Denken/Festhalten führt an der Börse aus meiner Erfahrung nur zu einem Resultat: Underperformance.
Dass ich dadurch vielleicht ein paar Prozentpunkte an Rendite verpasse, ist mir egal, denn in erster Linie bin ich als Investor meinem Kapital und nicht einem bestimmten Unternehmen oder gar meinem Ego verpflichtet.
Denn aus der Sicht eines Einzel-Aktionärs ist es m. E. viel entscheidender, stets das Risk-Reward-Verhältnis, also das Down-Side-Risiko gegenüber dem Upside-Potential, im Auge zu behalten. In diesem Zusammenhang hat sich angesichts der anstehenden IDFA-Änderung sowie der ohnehin eingetrübten, kurzfristigen Aussichten im Werbungsmarkt bei Alphabet für mich ein nennenswertes Ungleichgeweicht ergeben.
Übrigens: Während die Zahlen von Facebook für das vergangene Quartal wirklich stark waren, gibt das Unternehmen aber eher vorsichtigen Ausblick. Im Earnings-Call sagte man hierzu wörtlich:
"Lastly, headwinds related to ad targeting and measurement, including the impact of regulation, such as the California Consumer Privacy Act, as well as headwinds from expected changes to mobile operating platforms, which we anticipate will be increasingly significant as the year progresses."
Natürlich zielt dieser Hinweis insbesondere auch auf die IDFA-Änderungen ab. Eine ähnliche Argumentation gilt daher meiner Ansicht nach für Facebook. Da die Neuerungen im Zusammenhang mit dem iOS-14 aber erst im Herbst eingeführt werden, sind genauere Aussagen zu den tatsächlichen Auswirkungen erst ab dem vierten Quartal möglich.
More Selling
Außer Alphabet gab es noch zwei andere Verkäufe, denn ich habe mich von Uber und Pinterest getrennt. Nachdem viele, aussichtsreichere Unternehmen um 10-20% korrigiert hatten, habe ich diese Gelegenheit zum Umschichten genutzt.
Für Pinterest gilt gewissermaßen eine sehr ähnliche Argumentation wie für Alphabet. Denn sowohl die grundsätzlichen Budgetkürzungen für Marketing-Ausgaben (Marketing ist nicht mission-critical) als auch das Vorhaben von Apple wird den Werbungsmarkt eine Zeit lang ausbremsen. Ein Indiz für die aktuelle Abkühlung liefern beispielsweise auch die Zahlen von Twitter. Dort sind die Umsätze – trotz wirklich starker Nutzerzuwächse – fast um 20% gegenüber dem Vorjahresquartal eingebrochen! Wenn andere Unternehmen in der gleichen Zeit mit mehr als 50% wachsen (da sie mission-critical sind), sehe ich keinen Grund, über die derzeit noch nicht absehbare Dauer dieser "Corona-Durststrecke" an schwächeren Unternehmen festzuhalten.
Natürlich war der Verkauf von Pinterest vor dem 35%-Kurssprung etwas unglücklich. Aber mit einem derart starken Nutzerzuwachs habe ich ehrlich gesagt - auch wenn ich Pinterest als unverändert starkes Unternehmen sehe - nicht gerechnet. Zudem wird sich zeigen, ob der Kurssprung angesichts des doch eher mageren Umsatzanstieges im aktuellen Umfeld erhalten bleibt.
Was Uber betrifft, hatte ich im vergangenen Monat einige Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Ride-Hailing-Business im Allgemeinen sowie der Markteinführung des autonomen Fahrens. So glaube ich inzwischen, dass in den nächsten fünf Jahren außer Tesla kein Anbieter in der Lage ist, im STADTVERKEHR selbstfahrende Fahrzeuge einzusetzen.
Das heißt jetzt nicht, dass es Tesla dann wirklich schafft. Vielmehr will ich damit sagen, dass WENN es ein Unternehmen in diesem Zeitraum schafft, es sich meiner Ansicht nach um Tesla handelt. Zuvor habe ich auch einen Markteintritt für nicht-vertikal-integrierte Unternehmen bis zum Jahr 2025 für möglich gehalten. Das große „Hindernis“ sehe ich – weniger in China/Asien, dafür umso mehr in Europa/USA – in der Haftungsfrage, die wiederum m. E. aktuell nur von einem vertikal integrierten Anbieter in Kombination mit einer „robusten“ Versicherung gelöst werden kann.
Bei Uber habe ich wiederum darauf gesetzt, dass Reichweite/Wachstum der Ride-Hailing-Plattform in den nächsten Jahren durch den inkrementellen Einsatz von autonomen Fahrzeugen gehebelt werden kann. Des Weiteren sitzt das Unternehmen zwar aktuell noch auf ausreichenden Cash-Beständen, doch ich befürchte, dass diese durch das einstweilige „Verharren“ von Covid-19 sowie die – möglicherweise – langfristig eintretenden Verhaltensänderungen bei Geschäftsreisen/Pendler-Verkehr zügig aufgezehrt werden könnten.
Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass inbesondere aufgrund der Corona-bedingten Arbeitslosigkeitszahlen die Regulierungsmaßnahmen gegen Uber weiter zunehmen werden. Und ohnehin ist ein Fahrtenvermittler – wie beispielsweise auch Pinterest – für Konsumenten in der aktuellen Zeit kein Must-Have, sondern eher ein Nice-to-Have.
Zusammenfassend könnte ich den Verkauf von Alphabet, Pinterest und Uber also auch so formulieren: Ich will ausschließlich an den stärksten, innovativsten und wachstumsstärksten Unternehmen beteiligt sind. Wenn ich durch neue Erkenntnisse zu dem Entschluss komme, dass eine frühere Investment-Thesis überholt ist oder/und ein anderes Unternehmen ein besseres Risk-Reward-Verhältnis bietet, zögere ich nicht mit (Ver-)Kaufsentscheidungen.
Tesla, Tesla, Tesla
Neben diesen Verkäufen habe ich – wie bereits im Bewertungsartikel erwähnt – meine Tesla-Position etwas reduziert. Bei Tesla gab es im vergangenen Monat wiederum so viele News, dass ich dazu schon fast einen eigenen Beitrag schreiben könnte.
Zunächst einmal finde ich es einfach immer wieder faszinierend, in welche Richtung bei Tesla gewisse Meldungen geframt - also verzerrt - werden. Denn während sich viele "Experten" darüber echauffieren, dass Tesla ja nur deshalb profitabel ist, weil Umweltzertifikate verkauft wurden, könnte man die ganze Sache auch zur Abwechslung so betrachten: Durch den Umstand, dass es etablierte OEMs es nicht auf die Reihe bekommen, halbwegs saubere Fahrzeuge zu verkaufen, finanzieren sie DIREKT die Expansion ihres bereits technologisch überlegenen Konkurrenten. Not to shabby würde ich sagen.
Darüber hinaus wurde ausgerechnet durch den kürzlich veröffentlichten Quartalsbericht meine aufgestellte Hypothese zur zukünftigen Entwicklung der Margen "bestätigt". Hier das entsprechende Zitat:
"We expect our operating margin will continue to grow over time, ultimately reaching industry-leading levels […] „medium-term, modeling low-teens operating margins"
Neben der Bekanntgabe der Gigafactory in Texas gab es im Earnings-Call noch andere, aufschlussreiche Aussagen, die ich hier kurz aufzählen will:
[...] Tesla Energy will be roughly the same size as Tesla Automotive [...]
[…] long-term sustainable advantage of Tesla will be manufacturing […]
[…] the real limitation on Tesla growth is cell production at an affordable price […]
[…] we can go way beyond industry margins and have the car be affordable to more and more people and potentially almost everyone when you´re factoring in autonomy […]
[…] the thing that bugs me the most about where we are right now is that our cars are not affordable enough […]
Die Energiesparte soll also tatsächlich genau so groß wie das gesamte Automotive-Business werden. Zudem bin ich gespannt, wie die Konkurrenz mit dieser Kosten-Senkungs-Offensive umgehen wird. Grundsätzlich kann sich jeder aber natürlich selbst überlegen, wie er/sie diese Aussagen interpretiert.
Im aktuellen Umfeld ist zudem die anhaltende Nachfrage beeindruckend – und das, obwohl Autokäufer in den USA bei vielen, anderen Anbietern einen Tax Credit von 7500 USD erhalten (bei Tesla sind es 0 USD). Diese Nachfrage-Situation wird durch die folgende Grafik noch weiter verdeutlicht [11]:
Während bei allen OEMs die Auslieferungszahlen im ersten Halbjahr erheblich zurückgingen, konnte Telsa – trotz Corona – die Auslieferungen über 10% steigern! Wie dieser Anstieg wohl unter halbwegs normalen Bedingungen ausgefallen wäre?
Des Weiteren ist noch eine Aussage von Musk interessant:
"[…] And on the insurance front, I want to be clear. We´re building a great – like a major insurance company. If you´re interested in revolutionary insurance, please join Tesla […]"
Es ist ja das eine, dass Musk jetzt auch schon die Earnings-Calls für die Rekrutierung nutzt. Viel interessanter ist aber die Tatsache, dass er hier ganz offen darüber spricht, wie nach dem Energie- und dem Transportsektor bald noch eine dritte Branche angegangen werden soll: Die KFZ-Versicherungsbranche.
Außerdem hat Musk erst vor wenigen Tagen – wieder einmal per Twitter – eine Andeutung zu einem völlig neuem Geschäftsmodell gemacht:
Falls es wirklich dazu kommen sollte, dass Tesla eigene Technologien an andere OEMs lizenziert, wäre das ein Milliardengeschäft. Zwar kann ich es mir angesichts des Stolzes von so manchem OEM aktuell noch nicht wirklich vorstellen, aber falls die „Verzweiflung“ groß genug ist, halte ich entsprechende Vereinbarungen nicht für allzu abwegig. Denn ohnehin findet heutzutage die überwiegende Wertschöpfung nicht mehr bei den OEMs, sondern bei Zulieferern und Dienstleistern stattfindet. Im Moment werden angekündigte Tesla-Killer erst einmal noch mit integriertem Software-Bug verkauft: [12]
Neben weiteren Fortschritten bei der Gigafactory in Berlin gab es im Juli dann auch noch eine Meldung zum Marktanteil in China. Ende Juni stellte Tesla dort beachtliche 21% der YTD-verkauften BEV-Fahrzeuge. [12]
Dank weiterer Produktionsfortschritte kündigte Tesla außerdem an, den Verkaufspreis des Model Y um weitere 3000 USD zu senken. Dies wird allerdings nicht die letzte Preissenkung gewesen sein.
Eine letzte, interessante Aussage machte Musk auf der World Artificial Intelligence Conference (WAIC) in Shanghai. Auf die Frage zum Reifegrad des Level-5 Autopiloten antwortete er:
"I am extremely confident that level or essentially complete autonomy will happen, and I think will happen very quickly. I think at Tesla, I feel like we are very close to level 5 autonomy. I think that I remain confident that we will have basic functionality for level 5 autonomy this year."
Wie sooft gibt es zwei Möglichkeiten, solche Musk-typischen und ambitionierten Aussagen zu interpretieren:
Man könnte sich darauf einschießen, dass er in der Vergangenheit ähnliche, ambitionierte Deadlines nie eingehalten hat.
Man könnte sich aber auch darauf fokussieren, dass ein Monat/Quartal Verspätung bei einem solchen Vorhaben VÖLLIG EGAL ist.
So, choose. Die Tatsache, dass es mit dem Autopiloten derzeit nur noch alle 4,5 MILLIONEN Meilen zu einem Unfall kommt, ist jedenfalls eine Hausnummer.
More Good News & Buying
Damit aber erst einmal genug zu Tesla. Erfreuliche Nachrichten gab es im letzten Monat auch von Livongo Health. Hier wurde vom Management bei der Veröffentlichung der vorläufigen Quartalsergebnisse – welche wiederum ohnehin schon stark waren – auch noch die Guidance angehoben. Anstatt des bisher erwarteten Umsatzes zwischen 73-75 mio. USD werden jetzt 86-87 mio. USD in Aussicht gestellt.
Auch bei Zoom gab es einige, erwähnenswerte Meldungen. Zum einen wurden Zoom-for-Home sowie ein Hardware-as-a-Service-Modell vorgestellt. Mit diesen Entwicklungen beginnt Zoom bereits jetzt das gewaltige Optionalitätspotential im Zusammenhang mit seiner Kommunikationstechnologie zu erschließen.
Zum anderen gab Zoom die Einrichtung eines weiteren Technologiezentrums in Bangalore bekannt. Dies sei unter anderem dem starken Nutzerwachstum in Indien geschuldet – so nahm beispielsweise allein zwischen Januar und April die Zahl der Free-Subscribers um 6700% (!!!) zu. Zwar wird durch diese kein direkter Umsatz generiert, aber über den Product-Evangelism wird Zoom meiner Ansicht nach in den kommenden Quartalen wieder "ausreichend", zahlende Kunden gewinnen. Angesichts dieser Meldungen habe ich einen weiteren, durchaus nennenswerten Nachkauf bei Zoom getätigt.
Noch beeindruckender als die Meldungen von Livongo, Zoom und Tesla waren aber die Quartalsergebnisse von Shopify, denn diese haben die ohnehin schon hohen Erwartungen pulverisiert. Hier die wichtigsten Facts:
714 mio. USD, erwartet wurden 518 mio. USD. Entspricht einem YOY-Wachstum von 97%!
30,1 mrd. USD Gesamt-Handelsumsatz (GMV=gross merchandise volume): Entspricht einer YOY-Zunahme von 119%
Die Merchant Solutions, die einen wesentlich größeren Anteil am Umsatz haben, stiegen sogar um 148% YOY!
71% Zunahme bei den Neueröffnungen auf der Plattform
8% FCF-Margin!
Non-GAAP EPS 1,05 USD, erwartet wurden 0,01 USD EPS
Erstmal ein größeres GMV als ebay!
Ich denke, dass dem ist nichts mehr hinzuzufügen ist. Angesichts dieser Blow-out-Ergebnisse habe ich meine Position nennenswert vergrößert.
Außer diesen Nachkäufen gibt es drei neue Positionen in meinem Portfolio: Konkret habe ich bei Peloton, SEA und Fastly die kleineren Korrekturen genutzt, um Positionen zu etablieren. Um den heutigen Beitrag nicht völlig zu sprengen, gibt’s hier nur ein paar vereinfachte Analogien zu meiner Sicht auf diese Unternehmen:
Peloton ist Apple&Netflix für Home-Fitness
SEA ist Tencent´s kleiner Bruder aus Singapur
Fastly ist Visa/Mastercard und AWS/Azure für die zukünftigen Cloud-Computing-Anwendungen
Last but not least auch noch ein paar Worte zu Slack. Zum einen hat das Unternehmen bei der Europäischen Kommission eine Wettbewerbsbeschwerde gegen Microsoft und dessen Copy-Cat MS-Teams eingereicht. Davon verspreche ich mir persönlich zwar nicht allzu viel, zu verlieren hat Slack aber meines Erachtens bei dieser Klage nichts. Viel bemerkenswerter finde ich die Tatsache, dass die ARK-Invest im Juli zahlreiche Zukäufe bei Slack getätigt hat, wodurch das Unternehmen inzwischen fast in deren Top-10-Holdings angekommen ist. Ich bin jedenfalls auf die Quartalsergebnisse im Herbst gespannt und gebe dem On-Boarding bzw. der Free-User-Conversion noch etwas mehr Zeit.
Status-Quo
Mein Portfolio setzt sich damit zum Stichtag wie folgt zusammen:
Meine YTD-Performance beträgt wiederum knapp +90%. Dieser stehen +18% beim Nasdaq sowie -2% beim MSCI-World gegenüber:
Damit freue ich mich auf die im August anstehenden Quartals-Veröffentlichungen und wünsche euch allen einen erfolgreichen August!
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THE END.
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